Von Hip Hop zu EDM


Beichte: Eine Aversion gegenüber der Berliner Partykultur ist über die letzten Jahre in mir gewachsen. Deswegen schreiben wir heute über das Phänomen des "Clubsterbens" in Berlin.

Damals, als ich 20 bis 25 war, war ich in den besten Berliner Hip-Hop-Clubs am Start. Ich war Teil eines Partykollektivs namens East'n'West, geführt von DJ Baowow und DJ Matchless, die mit ihrer Crew damals ordentlich viel Alkohol für uns klargemacht hatten.

Es war die Gönnung pur.

Als 20-jähriger Türke aus Neukölln, war ich dann in den heißesten und exklusivsten Hip-Hop-Clubs der Stadt auf der Gästeliste und hatte freien Alkohol zum Trinken. Normalerweise hätte ich davon träumen können, in diese Clubs überhaupt reingelassen zu werden.

Was ich dafür machen musste: nichts.
Einfach rumeiern und ein Teil vom Kollektiv sein.

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Hip Hop Clubs in Berlin - absolut vorwärts

Ich habe früh genug gelernt, was es heißt, wirklich alles in den Arsch geschoben zu bekommen durch soziales Kapital.

Deswegen hatte ich das Privileg, schon früh herauszufinden, dass es nichts für mich ist. Und ich bin unendlich dankbar dafür.

Fakt war: Die Hip-Hop-Szene war mir zu oberflächlich und kommerziell.

Doch dann kam auch schon die nächste Muse: elektronische Tanzmusik.

Durch einen Kumpel der damals Kulturwissenschaften studiert hat, bin ich mit auf Studenten-Homeparties, in Technoclubs und auf chemischen Stuff gestoßen. Irgendwas hat sich hier anders angefühlt. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, nicht verurteilt zu werden. Ich wurde akzeptiert in dem, was ich bin.

Es war bodenständig.

Niemand, der 10k auf den Kopf haut für Flaschen am Tisch, um den "Weibern" zu gefallen. Stattdessen waren es eins, zwei Bier und ne Kippe. Alle in Russenhocke und wir vergessen unsere Differenzen.

"Warum war es bodenständig?" Dachte ich mir...

Und meine erste, leicht zynische Antwort war dieses Schubladendenken von der zugezogenen Anne-Marie aus Bayern mit reichen Eltern, die als Akt der Rebellion nach Berlin gezogen ist, um auch endlich "bodenständig" zu leben. 

Aber dann wurde mir klar: Das war zu schnell geurteilt.
Ultimativ war es nicht wichtig warum.
 
Es war einfach mal was anderes...

Etwas anderes, wonach ich mich unbewusst gesehnt hatte. Und wie ich später dann herausfand, war es genau das Gefühl, wonach sich viele sehnten, wenn sie nach Berlin kommen.

Es war also nicht einfach ein Muster das wir erkannt hatten.
Es war der Geist von Berlin selbst den so viele packen und hierher kommen lässt.

Arm und sexy.

Vielfältig.

Bodenständig.

Warum feiern wir Berliner?

Um zu flüchten.

Um unsere Differenzen zu vergessen.

Um in Trance zu geraten (mit oder ohne Stimulanzien).

Um das Leben zu zelebrieren. Um für einige Stunden unsere Sorgen zu vergessen.

Berlin war schon immer arm und sexy. Und die Szene der elektronischen Tanzmusik hat dies schon immer am besten repräsentiert.

Und deswegen habe ich mich auch in diese Szene verliebt.

Und trotzdem wird es immer deutlicher, dass unsere Generation immer weniger von diesem Kuchen abbekommt.

Was hat sich die letzten Jahre geändert?

Alles wurde teurer:

Der Einkauf,

die Miete,

der Eintritt in den Club,

das Bier.

Ohne einen Fuffi am Abend kommst du nicht mehr raus.

Genau wie viele andere dachte ich mir dann: Ey alter, 30 Tacken für Clubeintritt? Geht's noch? Da mach ich lieber was Bodenständiges! Und da war auch dieser dieses wunderbare Wort: Bodenständig.

Und weil Clubs sich diese Bodenständigkeit nicht mehr leisten können, sind sie am Sterben. Das, was die Szene der elektronischen Musik früher ausgemacht hat, geht heute in den Clubs verloren.

Und das, was wir heute in Berlin erleben, nennt sich: "Clubsterben".

Es ist das Phänomen, dass immer mehr Clubs in der Stadt schließen müssen.

Die Gründe für das Clubsterben sind vielfältig:

  • Steigende Mieten und Gentrifizierung: Viele Clubs befinden sich in alten Gebäuden oder auf Industriegeländen, die für Investoren attraktiv geworden sind. Sie werden verkauft, die Mieten steigen drastisch oder die Mietverträge werden nicht verlängert, um Platz für lukrativere Bauprojekte wie Wohnungen oder Büros zu schaffen.
  • Lärmbeschwerden von Anwohnern: Mit dem Zuzug neuer Bewohner in ehemals gewerbliche oder freie Gebiete kommt es häufiger zu Konflikten wegen Lärmbelästigung.
  • Wirtschaftliche Probleme: Inflation, hohe Energie- und Personalkosten sowie sinkende Besucherzahlen nach der COVID-19-Pandemie.
  • Fehlende baurechtliche Anerkennung: Clubs wurden lange Zeit rechtlich als "Vergnügungsstätten" eingestuft, ähnlich wie Casinos oder Pornokinos. Lass dir das auf der Zunge vergehen! Die Berliner Clubszene hat sich lange dafür eingesetzt, als kulturelle Institutionen anerkannt zu werden, was seit 2021 auf Bundesebene im Baugesetzbuch endlich umgesetzt wurde.

Und wie ich finde, hat es leovrey auf Youtube sehr gut beschrieben und berichtet:

Eine kleine Sache, die mich hierbei sehr verwirrt hat:

Techno ist also immaterielles Berliner Weltkulturerbe,
aber Berliner Clubs sind keine offiziellen Kulturstätten?

Das ergibt für mich keinen Sinn. Vor allem für Clubs, die schon seit Jahrzehnten offen haben und diese Kultur mit erschaffen haben, ist das unfair.

Ich könnt mich jetz lang hinsetzen und über den ganzen Quatsch aufregen, aber das haben schon Große vor mir gemacht. Und genau deswegen sehen wir im Jahr 2025 auch endlich mal einen janz kleenet Licht am Ende vom Tunnel:

Der Bundestag hat schon im Mai 2021 offiziell gesagt: Clubs sind Kultur! Die sollen endlich so behandelt werden wie Theater oder Museen, und nicht mehr wie Spielhallen oder Puffe.

Tritt unseren Discord Channel bei und nehme am Gewinnspiel teil.

Du bist herzlich eingeladen!

Was ist nun das Problem? Die Bürokratie. Die BauNVO (Bau-Verordnung) muss noch überredet werden, damit Clubs da offiziell als "Kulturstätten" drin stehen. Und das ist ultra-langsam. Bis 2025 ist das nicht durch.

Deshalb ist es wichtig, dass der Techno von der UNESCO als Kulturerbe anerkannt ist. Das gibt den Clubs jetzt schon einen stärkeren Rücken bei Anträgen und wenn sie mal wieder umziehen müssen.

Aber – und dit is der Knackpunkt: Offiziell sind se im Baurecht immer noch die "Vergnügungsstätten".

Da stehen sie mit Bordellen und Spielkasinos in einer Reihe. 

Wie weichen Berliner aus?

Wenn du keinen Bock hast, 25 Euro Eintritt für den Club zu zahlen, dann suchst du dir halt andere Orte, wo du deine Freunde triffst.

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So sah der Anzenspäti vor meiner Haustür aus an einem Donnerstag

Jetzt werden die Hotspots für Berliner Kultur:

  • Spätis
  • Pop-up-Shops
  • Parks
  • Second-Hand-Läden
  • Cafés
  • Softclubbing-Events
  • Bars, wo ein Bier noch 2,50 kostet
  • Open Airs

Diese sind eine direkte Antwort auf die wachsende Gentrifizierung, das immer teurer werdende Kulturgut des Techno-Clubbing-Gehens, welches durch Inflation und andere Faktoren wie oben benannt herbeigeführt wird.

Ein Paradebeispiel: das Float House Studio

Ein Kumpel von mir ist Teil der Crew. Ich war auf deren Veranstaltungen, habe die Crew kennengelernt und wusste genau: Das ist die Antwort!

Mit Sitz zwischen Berlin und Bologna bewegt sich Floathouse zwischen den Disziplinen:

Teils Produktionsstudio,
teils Veranstaltungsreihe,
teils Verlagshaus.

Wandelnd, flexibel und nicht festzunageln.

In Kollektiven wie diesem sehen wir nicht nur eine Alternative, sondern die strategische und philosophische Antwort auf das Clubsterben. Sie haben verstanden, dass man die Berliner Kultur nur dann bewahren kann, wenn man sich von dem löst, was sie tötet: der Besitzorientierung.

Und somit verändern sich auch unsere Werte: Also, worauf wir "Wert legen".

Die neue Währung ist die Exklusivität des Erlebnisses.

Das Floathouse Studio baut seine eigene Mythologie, ein Projekt nach dem anderen. Das ist der subversive Akt: Sie lehnen die ökonomische Logik des Marktes ab.

Statt sich an einen festen Ort zu binden – wo Mieten steigen, Investoren bauen und Anwohner Lärm beschweren – setzen sie auf die temporäre Besetzung von Räumen. Sie organisieren einmalige Partys auf Frachtschiffen, starten experimentelle Pop-ups oder drehen Kurzfilme auf Dächern von Kathedralen.

Damit machen sie sich immun gegen die Killer des Clubsterbens. Die Kultur kann nicht vertrieben werden, wenn sie eh Nomaden sind.

Das Ergebnis ist weniger ein Ort, sondern vielmehr eine lebendige Struktur: Flexibel und doch stabil wie eine Wirbelsäule. Eine rotierende Bühne für neue Talente, ein Archiv flüchtiger Momente und eine Erinnerung daran, dass auch temporäre Dinge einen bleibenden Eindruck hinterlassen können.

Die Atzen veranstalten zum Tag der deutschen Einheit ein neues "Temporary Format of Gathering" als Cargo Ship Rave.

Ja, wirklich ein Rave in und auf einem Container Schiff! Die Plätze sind somit streng auf 80 Leute limitiert und hier könnt ihr euch dafür anmelden:

CARGO SESSION - FLOATHOUSE STUDIO DOCK PARTY · Luma
Consciously celebrating the Day of Unity is more important now in these shaky times than ever. So when a friend reached out and asked if we want to host a…

Und falls ihr in Zukunft nichts verpassen wollt von der Crew, hier ist der Innere Circle Telegram Channel ;)

https://t.me/floathouse

Der tiefere Schneidepunkt ist: Das „Arm und Sexy“ Berlins kann nur überleben, indem es flexibler und resilienter wird. 

Wir verschieben das kulturelle Gefäß vom Ort hin zum Moment.

Und genau dies ist die Antwort auf das Clubsterben.

Bis in 2 Wochen!
Tarkan


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